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Bauen wird immer nachhaltiger
Bauen

Bauen wird immer nachhaltiger

Innovative Ideen im Bausektor sorgen für mehr Nachhaltigkeit. Einige Beispiele der jüngsten Zeit.

Gebäude und mit ihnen die Baubranche sind weltweit für rund 40 Prozent der jährlichen CO₂-Emissionen verantwortlich. Der grösste Teil fällt im Betrieb an. Gemäss dem World Green Building Council fallen rund 15 Prozent bei der Herstellung und dem Transport von Baumaterialien an. In der Schweiz entweichen rund 25 Prozent der Emissionen beim Gebäudebetrieb. Die sogenannten «grauen Emissionen» bei Bau und Abriss sind beträchtlich. Allein Zement ist weltweit für rund zehn Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Die Global Cement and Concrete Association hat deshalb reagiert und ein neues Ratingsystem für Zement angekündigt.

Low Carbon Ratings (LCR) für Zement und Beton ist ein globales Bewertungssystem, das es ermöglicht, Zement und Beton anhand ihres CO₂-Fussabdrucks zu identifizieren. Das Bewertungssystem wurde entwickelt, um Kunden bei der Auswahl von Baumaterialien die Priorisierung der Nachhaltigkeit durch eine Skala von AA bis G zu erleichtern.

Es tut sich was in der Baubranche. Wir präsentieren sieben mutmachende Projekte und Innovationen.

1. Bauklötze stapeln wie Legos

Beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2025 konnte sich die TRIQBRIQ AG in der Kategorie «Produkt» durchsetzen. Das Holzbausystem des Start-ups setzt auf zirkuläres und ressourcenschonendes Bauen. «Der Gewinn zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, die Baubranche nachhaltiger zu gestalten», so Max Wörner, Vorstand der TRIQBRIQ AG. Die sogenannten Briqs sind Holzbausteine, die auf der Baustelle ähnlich wie bei einem Legohaus zu einem Massivholzbau zusammengefügt werden. Künstliche Verbindungsmittel braucht es nicht. Nur das Fundament wird klassisch mit Stahlbeton hergestellt. Eine Etage eines TRIQBRIQ-Rohbaus in der Grösse von 500 m² kann in zwei Tagen errichtet werden. Der konventionelle Rohbau mit Beton würde im Gegensatz dazu ca. 10–20 Tage in Anspruch nehmen. Der erste recycelbare Supermarkt Deutschlands  ist bereits entstanden. Die Aussenwände bestehen aus 11000 Briqs.

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2. Alpine Inspiration

Die traditionelle Schindelherstellung hat Forschende der Empa und der ETH Zürich dazu inspiriert, neuartige Holzwerkstoffplatten aus gespaltenen Holzstäben zu entwickeln. Dank eines KI-optimierten Verfahrens sollen diese Platten künftig für tragende Bauteile infrage kommen – selbst wenn sie aus Holzarten und Baumstämmen geringerer Qualität bestehen.

Holzschindeln prägen das Bild von Dächern und Fassaden im Alpenraum – und werden seit Generationen von Hand gefertigt. «Angesichts der wachsenden Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder und den Bausektor bietet sich die Herstellung von Platten aus gespaltenen Stäben an», sagt Ingo Burgert, Professor an der ETH Zürich und Forschungsgruppenleiter an der Empa.

Das Projekt «Gespaltene Holzstäbe für neuartige Holzwerkstoffplatten im Bauwesen» ist Teil der Initiative «Mainstreaming Wood Construction» (MainWood). Diese vom ETH-Rat unterstützte Initiative fördert den verstärkten Einsatz von Holz im Bauwesen. Zudem ist ein «Center for Wood Materials and Structures» geplant, das die Holzforschung an der Empa und der ETH Zürich bündeln und deren Sichtbarkeit erhöhen soll.

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3. Flugroboter eröffnen neue Horizonte

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Empa und der EPFL hat erforscht, wie Flugroboter künftig Baumaterialien präzise aus der Luft verarbeiten könnten – ein Ansatz mit grossem Potenzial für schwer zugängliche Einsatzorte oder Arbeiten in grosser Höhe. Die fliegenden Roboter sollen als «Baumaschinen» dabei bestehende Systeme am Boden nicht ersetzen, sondern etwa bei Reparaturen oder in Katastrophengebieten gezielt ergänzen. Roboterarme und 3D-Druckportale sind auf Baustellen bereits anzutreffen – allerdings meist als schwere, fest installierte Systeme am Boden. In unwegsamem Gelände oder in grossen Höhen stossen sie rasch an ihre Grenzen.

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4. Kühler Strassenbelag

Im bernischen Köniz sind Abschnitte der Waldeggstrasse zu Testzwecken mit einem kühlenden Strassenbelag saniert worden. Der Belag enthält helleres Gestein als herkömmliche Belagsmischungen. Dabei kommt auf einem Teil auch ein erdölfreier Bio-Bitumen aus einem Cashew-Nussschalen-Extrakt zum Einsatz. Mit dem Pilotprojekt will die Gemeinde Köniz die beträchtlichen Temperaturen des Asphalts im Sommer bekämpfen. Insgesamt bringe laut Mitteilung der Gemeinde die Sanierung mehr Lebensqualität dank weniger Hitzeabstrahlung und besserer Umweltbilanz. Mit dem Pilotprojekt nimmt Köniz eine Pionierrolle ein im Umgang mit neuen Materialien und Technologien, die auch einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten können.

5. Adaptive Fassaden

Die Fassaden der Zukunft passen sich laufend den Umweltbedingungen an. So ist etwa in Deutschland das Verschattungssystem «FlectoLine» entstanden und im Botanischen Garten der Universität in Freiburg im Breisgau (D) zu besichtigen. Das Kernstück ist ein elastischer Verformungsmechanismus ohne Scharniere, wodurch viele mechanische Einschränkungen wegfallen. Eine KI-gesteuerte Intelligenz passt das System automatisch an Umweltbedingungen an. Die Umwandlung von Fassaden in aktive, anpassungsfähige Systeme kann die Energieeffizienz und Leistung von Gebäuden verbessern und deren CO₂-Fussabdruck verringern.

Das aus der ETH hervorgegangene Start-up Zurich Soft Robotics verbindet mit der Solskin-Gebäudehülle Photovoltaik mit intelligenter Sonnenschutztechnik. Die adaptive Fassade mit beweglichen Solarmodulen optimiert automatisch Lichteinfall und Energiegewinnung je nach Umgebungsbedingungen. Der Energieverbrauch von Gebäuden sinkt laut dem Unternehmen um bis zu 80 Prozent.

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6. Grüner Zement

Das schwedische Unternehmen Cemvision hat einen nahezu emissionsfreien Zement und nachhaltigere Produktionsprozesse entwickelt. «Re-ment» soll bis zu 100 Prozent weniger CO₂ verursachen als herkömmlicher Zement. Dieser «grüne Zement» wird bereits in Pilotprojekten eingesetzt. Auch die ETH hat einen «ultra-grünen», kostengünstigen Beton entwickelt, der auf CO₂-armem Zement und einer Neuformulierung des Betons setzt. Damit gelingt die Reduktion der Emissionen um bis zu 75 Prozent.

7. Bauen mit Abfallstoffen

In Taiwan entwickeln Unternehmen wie Miniwiz und LOTOS Baumaterialien aus recycelten Abfällen wie PET-Flaschen, Reisschalen und Insektenpanzern. Diese innovativen Materialien reduzieren den CO₂-Fuss-abdruck erheblich und fördern eine nachhaltige Bauweise. Ein Beispiel ist das Taipei EcoARK, ein Gebäude aus recycelten PET-Flaschen.

Grundsätzlich sollten beim Bauen recycelbare Materialien und standardisierte Produkte zum Einsatz kommen. Zahlreiche Recyclingzentren bieten passendes Baumaterial an. Mehr Informationen: www.swissrecycle.ch

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